Schaffhauser Nachrichten, 13.05.04

Ewig gültige, menschliche Themen

Erfrischend und etwas Besonderes war das Chorkonzert des «Manila Vocal Ensemble», das in der Stadtkirche St.  Johann eine stattliche Anzahl von Zuhörern anzuziehen vermochte. Vier grazile Frauen in leuchtendroten Seidengewändern, mit Blüten im Haar, und vier junge Männer, in derselben Farbe angezogen, boten zusammen mit ihrem Leiter und Gründer Thomas Cabantac eine bunte Folge von Chorsätzen zum Thema Liebe, Gotteslob, Frieden und Toleranz. Die jungen Leute, zumeist Studenten oder selber Musiklehrer unter einfachsten Verhältnissen, gläubige Christen mit innerkirchlichem Engagement, verstanden es, sich warme Sympathien zu erwerben im Zeichen der Völkerverständigung und der Friedensbotschaft.

Klavierbauer Bernhard Meister war der Initiant des Konzertes im Namen der Kirchgemeinde St. Johann. Pfarrer Andreas Heieck las eindrückliche Texte von Martin Luther King über Gerechtigkeit und Brüderlichkeit ohne Rassentrennung, über Liebe und Gewaltlosigkeit.

Schon zwanzigmal war das Ensemble mit seinem Leader auf Europatournee, zum siebten Mal in der Schweiz, jedes Mal in etwas anderer Zusammensetzung. Frau Margreth Bosshard aus Frick betreut die Truppe und besorgt ihnen jeweils Gastfamilien. Hier wird echte Völkerverständigung gelebt und nicht nur davon gesprochen. Thomas Cabantac, der selber eine Zeit lang in Deutschland studiert hatte, schult seine Musiker/-innen auf einem hohen Niveau und stellt sie Jahr für Jahr neu zusammen, um immer wieder anderen Leuten die seltene Gelegenheit zu ermöglichen, nach Europa zu reisen.

Das Programm des Chors enthielt im ersten Teil Negro Spirituals, Gospelsongs und Filmmelodien, dann vor allem auch philippinische Musik und Tänze im zweiten Teil des Abends, wo die hübschen Menschen in bunt schillernde Nationalkostüme gekleidet waren. Ihre Auftritte wirkten sehr diszipliniert und bis in die kleinste Geste sorgfältig einstudiert, was gelegentlich fast ein wenig marionettenhaft und wenig spontan wirkte.

Die schönen Stimmen orientierten sich am Klangideal amerikanischer Unterhaltungsmusik: seidig weich, einschmeichelnd süss, daneben stimmgewaltig mit viel sinnlichem Tremolo. Ausnehmend schön waren die lupenreinen hohen Soli der Sopranistin.

Überraschenderweise zeigte sich für uns nicht eingeweihten Europäer, wie sehr die als philippinische Volksmusik angekündigten Stücke in Stil und Harmonik spanisch und westlich beeinflusst waren, was deutlich zur Illustration der vergangenen Kolonialgeschichte beitrug. (Magellan war im 16. Jahrhundert der Entdecker der danach jahrhundertelang spa- nischen Philippinen im Malaiischen Archipel, wo heute noch auch spanisch und nach dem Protektorat der Amerikaner englisch gesprochen wird.)
Demnach war wenig asiatische Exotik zu hören, ausser in dem einen, überaus anmutigen Stammestanz, der durch einfache Trommeln rhythmisch begleitet wurde. Selbst Kastagnetten fehlten nicht, und die ansprechend gestaltete Gitarrenbegleitung tat das ihre dazu.

Zusätzlich erkannte sich unser Publikum auch wieder in ewig gültigen menschlichen Themen wie Lebensfreude, Humor, Arbeit, Liebe und Familie. Berührend war die letzte Friedenshymne, wo sich die Sängerinnen und Sänger frei im Raum bewegten und ringsum die Hand als Verbrüderungsgeste reichten. Mögen sie damit etwas in die Welt hinaustragen und bewirken!

Gisela Zweifel-Fehlmann